Warum Glück und Motivation zusammenhängen
Ein Streifzug durch die Motiviationsgeschichte
Was treibt unser Handeln an, ist eine Frage, die uns im Privaten wie Beruflichen beschäftigt. Dabei sind die Antworten, was Handeln motiviert, seit der Antike durchaus sehr verschieden.
Meilensteine der Motivation
Ein kurzer Streifzug durch die Geschichte zeigt, dass Motivationsforschung schon in der Antike ein Thema war und bis heute ist.
Der griechische Philosoph Aristippos, Schüler des Sokrates sagt zur Motivation: Es liegt in der Natur des Menschen, Vergnügen oder Lust anzustreben und Unlust oder Schmerz zu vermeiden. Damit nimmt er Sigmund Freud ein wenig voraus.
Springen wir ins 19. Jahrhundert, so ist es dort zunächst der Utilitarismus eines Jeremy Bentham und John Stuart Mill, der die Gründe und Ursachen bestimmten Verhaltens in mehr oder weniger bewussten Instinkten und Trieben sieht.
Im 20. Jahrhundert betont Sigmund Freuds Tiefenpsychologie die Libido als Lebenstrieb. Dieser lenkt als zentrale psychische Energie, je nach internen und externen Rahmenbedingungen (Ich und Über-Ich), die Wahrnehmung und das Verhalten des Menschen.
Vielen bekannt ist sicher Abraham Maslow. Er entwickelt in den 1960er die Bedürfnispyramide, die viele Jahrzehnte Einfluss auf das Denken in Psychologie und Marketing nahm.
In den 2000er Jahren entsteht die „Theorie der 16 Lebensmotive“. Die Taxonomie von Steven Reiss geht davon aus, dass kulturübergreifend jeder Mensch 16 grundsätzliche Bedürfnisse hat, aber jedes Individuum die einzelnen Motive unterschiedlich priorisiert. Dadurch entständen verschiedene, individuelle Muster.
Das Modell wird gerne von Personalabteilungen, aber auch und in der Ratgeberliteratur und im Leistungssport genutzt. Ein Grund: die Klassifizierung und Wertung ermöglicht Vergleichbarkeit und eindeutige Typologien. In der Wissenschaft dagegen ist der Ansatz umstritten. Ein wesentlicher Kritikpunkt: die ausgewählten Motive seien willkürlich. Und Reiss bleibt tatsächliche eine Begründung für die Auswahl dieser 16 Motive schuldig.
Eine Lanze für Reiss
Die Kritik trifft sicherlich auf eine ganze Reihe von taxonomischen Modellen zu. Doch Typologien sollten nicht mit der Wirklichkeit verwechselt werden. Die 16 Motive dienen zum einen als hinreichende Faktoren, um unterschiedliches Verhalten sichtbar oder beschreibbar zu machen. Zum anderen sind Typologisierungen wie Brillen. Sie ermöglichen fokussierte Betrachtungen.
Auffällig ist, dass die 16 Motive Ähnlichkeiten mit dem Habituskonzept des Ethnologen und Soziologen Pierre Bourdieu und den Lebenswelt-Konzepten der soziologisch orientierten Sinusstudien haben. Bei beiden Konzepten werden Wertewelten, sozialer Status und ökonomische Faktoren zur Beschreibung spezifischer Milieus herangezogen, die dann bestimmtes Denken und Handeln begründen. Auch Reiss‘ Motivcluster, im Englischen sind es Begierden (Desires), lassen sich als Wertewelten lesen.
Was ist der Unterschied zwischen Motiv und Motivation?
Mit dem Begriff der Motivation wird immer auch das Motiv benutzt. Dabei gilt es zu unterscheiden: Motive werden in der Psychologie als einzelne Anlagen angesehen, die richtungsgebend für bestimmtes Handeln sind. Motivation dagegen lässt sich als Zustand („Motiviertsein“) beschreiben, der aus einem Bündel von Motiven unterschiedlichster Ausprägung besteht.
Dabei spielen Emotionen eine zentrale Rolle. Sie sind es schließlich, die Menschen bewegen, etwas Bestimmtes zu tun. Emotion und Motivation können nach den Psychologen Hans-Peter Nolting und Peter Paulus als zwei Seiten eines Prozesses angesehen werden. Betrachtet man die Erlebnislage, sprechen die Psychologen von Emotionen, sieht man auf die Ziele einer Handlung, spricht man von Motivation.
Was motiviert uns und woher kommt das Glück?
Dr. Vera Tüns, sie ist LIW-Dozentin für „Motivation - ein Schlüssel zu privatem und beruflichem Erfolg!“, sagt: „Motivation hat etwas damit zu tun, wie Sie sich zur Welt stellen. Die besonderen Herausforderungen kommen, wenn nicht alles glattgeht. Da hilft es einerseits sich Antoine de Saint-Exupéry ins Gedächtnis zu rufen, der sagt: 'Schenke mir die nüchterne Erkenntnis, dass Schwierigkeiten, Niederlagen, Misserfolge, Rückschläge eine selbstverständliche Zugabe zum Leben sind, durch die wir wachsen und reifen.' Andererseits müssen Sie natürlich selbst erkennen lernen, was genau Sie motiviert und demotiviert.“
Denn: ob wir als Kind eine Belohnung versprochen bekommen, wenn wir etwas Ungeliebtes tun oder als Angestellte durch ein höheres Gehalt motiviert werden – am Ende steht doch die Frage, ob das, was wir tun, auch wirklich auf Dauer gerne tun mögen.
Für die Arbeitswelt hat der Psychologie-Professor Mihaly Csikszentmihalyi herausgefunden: „Menschen sind dann am glücklichsten, wenn sie das tun, was sie am besten können. Es ist, als hätte die Evolution eine Sicherheitsvorrichtung in unser Nervensystem eingebaut, die uns uneingeschränktes Glück nur dann erfahren lässt, wenn wir zu 100 Prozent leben, wenn wir also die uns mitgegebene physische und geistig-seelische Ausstattung voll und ganz nutzen.“
Die Neurowissenschaft unterstützt diese These. Sie sieht im ältesten Hirnteil, dem limbischen System, das eigentliche Machtzentrum im Gehirn. So gerne wir uns der Rationalität rühmen, faktisch dominiert das limbische System und entscheidet wie ein digitaler Computer mit 1 oder 0, „mag ich“ oder „mag ich nicht“. Alle rationalen Begründungen, die wir gerne anführen, finden im Gehirn zeitlich nach der limbischen Entscheidung statt. Da haben Millionen Jahre Evolution keine Veränderung gebracht. Tun wir etwas gerne und gut und sehen einen Sinn in unserem Tun, werden Hormone ausgeschüttet, Glückshormone wenn man so will.
Daher nimmt es nicht Wunder, dass anhaltende Unterforderung, fehlende Wertschätzung, Perspektivlosigkeit oder schlechtes Betriebsklima die Motivationslage von Angestellten deutlich verschlechtern.
Fazit
Die persönliche Sinnhaftigkeit und eine Bestätigung der eigenen Werte sind zentrale Faktoren, die über die Motivation bestimmen, Aufgaben und Arbeiten zu erledigen. Glück ist, wenn wir unsere Fähigkeiten 100% nutzen können. Eine innere Motivation ist genau dann gegeben.
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